Das Ei

Als ihre Familie aus der Wohnung und von ihr weg gehetzt war-
mit einem hingehauchten Kuß da und
einem hastigen "Tschau Schatz" dort,
(Wie eilig sie es doch immer hatten, von ihr weg zu kommen)
machte sie den üblichen Abwasch und kümmerte sich schon
mal um die Vorbereitungen für das Mittagessen.
Dann nahm sie sich mit viel schlechtem Gewissen ein paar Minuten
Zeit für ihr eigenes Frühstück.
Sie konzentrierte sich auf ihr Frühstücksei.
Sie nahm kein Messer dafür wie der Rest ihrer Familie.
Sie fand das grob und barbarisch.
(ob die überhaupt wußten, wie sehr sie dies bei ihnen verabscheute?)
Sie löste sorgfältig und sanft die zarten weißen Eischalenstückchen ab und andächtig grub sich ihr Löffel in die weiche nachgiebige Oberfläche.
(wie sie das liebte!)
Als sie entdeckte, daß das Eigelb innen sutschig war,
beschloß sie, sich endlich umzubringen.

Vorsichtig legte sie Ei und Löffel auf ihren Teller und räumte
dieses in die Spüle. Dann legte sie ein neues Tischtuch auf
und ging zum Balkon des 10stöckigen Hauses.

Bevor sie aufschlug, dachte sie daran, daß sie als Kind sutschige Eier gemocht hatte...